Frühling und Bladen in London

Irgendwie scheinen im Moment alle Leute hier schon total auf dem Frühlingstrip zu sein.

Wieso? Ganz einfach: Die Frühjahrsmode ist schon seit Januar in den Schaufenstern, überall im Fernsehen turnen halbnackte Menschen rum und bei uns im office ist die Heizung kaputt... und deshalb herrscht nach 1 Monat sibirischer Kälte jetzt Tropenhitze um mich herum...

Jetzt haben sie auch noch den Strand auf die Kinoleinwand und in die Radios gezaubert. Leo auf dem Leicester Square. Nichts ging mehr und die All Saints mitten drin. Nicole Appleton war dann auch prompt für einige Tage in allen berühmt-berüchtigten Klatschblättern (War da nun was oder nicht? Werden wir wohl nie wissen) wurde dann aber natürlich von Posh Spice Victoria's Ess-störungen abgelöst.

Aber zurück zum Frühling. Das Wetter hatte aufgrund des oben beschriebenen Drucks dann auch endlich ein Einsehen und entschloss sich, die Außentemperaturen nach oben zu drücken und die Sonne mal ein wenig öfter scheinen zu lassen. Und natürlich, was machen die Londoner, dieses wunderbar kranke Mischmasch von Leuten, die alle zuviel arbeiten aber dennoch nicht genug verdienen, um die Stadt, in der sie leben wirklich genießen zu können (meinen jedenfalls fast alle, die ich kenne, ich übrigens auch)? Sie stürmen die Strassen.

Gegen London bei gutem Wetter (und nein, das ist kein Ausnahmefall, nur eine Frage der Jahreszeit, in Wanneeickel ist es im November doch auch grau, oder?) sehen Mailand oder Paris blass aus. Da werden Heiztürme und ein paar Stühle auf die schmalen Buergersteige gestellt und man flaniert durch die Strassen, begleitet von der neuesten Errungenschaft (Kleidung, Freundin,
Hund, Kind, was auch immer gerade errungen wurde).

So war das auch am Sonntag.

Durch ein unglaubliches Desaster bin ich am Samstag nicht in die Eröffnung des neuen Posertempels - auch Club genannt - The Rock gekommen... oder sagen wir, ich hatte keine Lust, trotz Gästelisteneintrags 3h zu warten und bin dementsprechend aus Mangel an alternativen nach-23.00h-Weggehmöglichkeiten früh im Bett gewesen. Also, Sonntag, 10.00h, der erste Versuch, die Augen zu öffnen.... und... gleißendes Sonnenlicht und strahlendblauer Himmel. Unglaublich. Schnell die Sunday Times kaufen gehen und zur üblichen Sonntagsbildung noch mal ins Bett, fühle mich aber schon schuldig, dies nicht in einem Cafe auf dem Bordstein zu tun.

Jedenfalls steht fest, Rollerblading muss heute sein. Also, Blades aus ihrem verstaubten Winterschlaf rausgeholt und mir überlegt, dass es dann doch mal neue sein dürften, so nach 2 Jahren relativ andauernder Benutzung... und mich auf die Jagd begeben.

Für diejenigen unter Euch, die noch nicht so ganz ortskundig sind:
Rollerbladen in London kann man im Hyde Park, an der Themse auf der Höhe von Waterloo Station und - so habe ich mir sagen lassen - im Regent's Park. Im Norden von London ist es viel zu hügelig zum Bladen und generell ist Bladen auf der Strasse recht gefährlich, die Strassen sind superschmal und Autofahrer verhalten sich generell so, als ob es ihr größtes Hobby ist, Dich auf ihre Motorhaube zu kleben.

Ich fahre von West Hampstead mit dem Bus 328 in Richtung Notting Hill, durch Kilburn, und Maida Vale (Eure liebe Nicole hat jetzt beim Lesen garantiert sentimentale Anfälle, ich bin nämlich auch an der Victoria Street vorbeigefahren, jawohl), Westbourne Park tube station und rein nach Notting Hill.

In der Chepstow Road dann raus aus dem Bus und die Blades angeschnallt und dann Richtung Bayswater. An der Tube treffe ich Arabella und kehre erst einmal in die Coffee Republic gegenüber von Bayswater tube station ein, zu einem tall skinny coconunt latte... mmmmmmmh. In Queensway gibt es neben vielen Touristenfallen, schlechten Restaurants und einer Masse von Idioten nämlich auch einen Bladershop. Dort kann man sich auch Blades ausleihen, genauso wie bei einem etwas größeren Laden auf der Kensington High
Street. Kaufen tue ich dort meine neuen K2 Blades und bin ganz begeistert. Billiger kriegen würde ich sie wahrscheinlich auf dem Netz, aber ich kann nicht warten. Impulskauf nennt man so was glaub ich. Wie auch immer, die alten abgeranzten Teile lasse ich gleich im Laden (jeder Kratzer ist hart verdient), und los geht's in den Hyde Park.

Dort angekommen muss man beachten, dass man nur in bestimmten Teilen des Hyde Parks Bladen darf und kann. Die beste Fläche ist direkt am Kensington Palace und der Orangerie (da kann man übrigens sehr gediegen brunchen, ist aber auch nicht ganz billig), dort kann man sich warmlaufen und die guru-blader bewundern (oder mit ihnen fachsimpeln, da ich aber kein Guru bin mache ich das nie). Es gibt dann noch eine große Schleife zu laufen, auch betoniert, der Rest der Parkwege ist "kieselig", schlecht für die Blades und die Gelenke, außerdem sind Blader dort ausdrücklich nicht erwünscht.

Zugegebenerweise ist es noch ein wenig kühl, wenn man sich nicht bewegt, aber das ist ganz gut so, dann fährt man nämlich mehr und das ist ja schließlich auch der Sinn der Sache.

Was nicht zu übersehen ist sind die Menschen. Einer der Jungs, die im Park Bladingunterricht geben macht keine Stunden nach 10h morgens am Wochenende.. Die Leute gehen in den Hyde Park, um zu picknicken, Fußball oder Cricket zu spielen, zu joggen, ihre Hunde mal keinen Asphalt unter den Pfoten haben zu lassen und und und.... sprich, es ist voll.

Blader aller Nationen und Kunstgrade sieht man, bei manchen ist man sich nicht so sicher, ob man sie lieber auffangen sollte oder ganz schnell ausweichen muss, so unkoordiniert sind sie, andere browsen mit einem swooooooosshssshhh an einem vorbei, wenn man sich gerade mal kurz erholt. Letztere sehen meist auch sehr "urban" aus. Urban ist hier in der letzten Zeit alles was mit dem neuen Londoner Kleidungs und Lebensstil zu tun hat. Und cool ist jetzt übrigens "phat", aber das wisst ihr sicherlich alle und ich bin mal wieder zulange in meinem tropisch-klimatisierten Büro gewesen.

Den Muskelkater erwartend verziehe ich mich jetzt jedenfalls erstmal zu den 3 female urban Singletons, die mich in der Osteria Basilico zum späten lunch erwarten. Und wer das mit den Singletons nicht verstanden hat, der lese Bridget Jones II - she's back.

Ihre Nicola Breyer

 

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